Beziehung und Partnerschaft im Wandel

Wenn wir Menschen fragen, wovon es ihrer Meinung nach abhängt, ob sie sich in einer Beziehung überwiegend wohl und zufrieden (oder gar glücklich) fühlen, werden viele sagen: "Es hängt vor allem davon ab, in wieweit meine Erwartungen und Wünsche erfüllt werden".

Genauer wäre es so ausgedrückt: wenn die Erwartungen und Bedürfnisse der Partner ähnlich sind - oder sich gut ergänzen.

Was im einzelnen Menschen erwarten, wird durch viele Faktoren beeinflußt und unterliegt einem steten Wandel.

  • Da sind einmal individuelle Faktoren, die auf die Gestaltung von Partnerschaften (und die Art der Probleme) Einfluß nehmen: Erfahrungen und Prägungen durch die Ursprungsfamilien der Partner bestimmen, was wir vom Partner erwarten und was wir für "stimmig" halten. Ein kleines Beispiel: wer in seiner Ursprungsfamilie endloses, ´frucht-loses` Streiten erlebt hat, hofft auf "fairen Umgang mit verschiedenen Standpunkten". Kennt der Partner aus seiner Geschichte die Neigung, Differenzen eher "unter den Teppich zu kehren" hofft er auf die Möglichkeit, seinen Standpunkt auch temperamentvoll darstellen zu dürfen. Beide haben die Erwartung:"Fairer Umgang, bei dem verschiedene Standpunkte möglich sind" - aber die Hoffnungen und Befürchtungen sind unterschiedlich. Wenn der/die Eine temperamentvoll beginnt...   ahnt die/der Andere Schlimmes und "wehrt den Anfängen"...Sie können Sich die Szene bestimmt vorstellen...

Die individuellen Hoffnungen und Befürchtungen können bewußt sein (wie in diesem Beispiel angenommen) - sie können dem Betroffenen jedoch auch nicht bewußt zugänglich sein und lassen sich von den Beteiligten oft nur erschließen aus Differenzen, die sie nicht gelöst bekommen.

  • Da sind jedoch auch globalere Einflüsse wie ökonomische Bedingungen und soziokulturelle Faktoren, die sich wiederum auf die persönlichen Erwartungen und Wünsche auswirken. Ein Blick auf die Geschichte zeigt, daß z.B. die Zeit der beginnenden Industrialisierung eine andere Art von Beziehungsmustern und Erwartung an Partner hervorgebracht hat als das vorindustrielle -  und Zeiten von Not und Arbeitslosigkeit (z.B. Vorkriegszeit) andere als Zeiten finanziellen Wohlstands.

(Wenn Sie Lust haben, hierzu eine kleine humorige Verdeutlichung zu hören, finden Sie die auf der CD von Volker Pispers, politisches Kabaret: "Bis neulich, V.Pispers 2004": "Gnadenhochzeit")

Die heutige Zeit bringt viele neue Komponenten mit ins Spiel - was sowohl mehr Chancen für persönliches Wachstum als auch mehr Konfliktpotential bedeuten kann:

  • mehr Kontakt zu verschiedenen Kulturen ermöglichen mehr "multi-kulti" Beziehungen; hier ist ein höheres Maß an Bereitschaft nötig, die "Andersartigkeit" des Anderen kennenzulernen und Akzeptanz zu entwickeln
  • mehr Möglichkeiten der Familienplanung - mit den daraus resultierenden Notwendigkeiten des "Sich -einig- werdens"
  • höhere Lebenserwartung mit der Möglichkeit, auch das Alter mehr selbstbestimmt leben zu können
  • mehr Mobilität/ - snotwendigkeit - was bedeutet, daß Paare sich mit Phasen von Fernbeziehungen und den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten arrangieren müssen
  • das sich verändernde Selbstverständnis von Männern und Frauen - einhergehend mit anderen Erwartungen und Wünschen an Partnerschaft  
  • mehr ökonomische Unabhängigkeit der Partner - ermöglicht ein ehrlicheres Austragen von Konflikten; hat jedoch auch zur Folge, daß man nicht mehr so sehr auf das manchmal energie - und zeitraubende Erarbeiten von für beide Seiten befriedigenden Lösungen angewiesen ist.
  • spezielle Partnerschaftsformen: Partner, die beide Karriere machen und damit andere Probleme zu meistern haben als Ehen mit traditioneller Rollenverteilung.

Mißlingt die Problemlösung und kommt es zur Trennung, so haben wir vielfältige Folgen, die ihrerseits neue Beziehungen nicht einfacher machen:

  • häufige Trennungen mit den entsprechenden Enttäuschungen und Verletzungen, die sich im Selbstwertgefühl niederschlagen
  • finanzielle Verluste oder Verbindlichkeiten, was oft mit Tendenzen zum Entwickeln von Groll und Verstärken von Vorurteilen einhergeht
  • Patchwork - Familien mit speziellen Erwartungen und Herausforderungen hinsichtlich: z. B. "kinderfreier" Zeit des Paares für sich, Einigung des Paares bezüglich Erziehungsfragen; Fingerspitzengefühl im Umgang des neuen Partners mit den Kindern

um nur einige zu nennen.

 

Ist ein Paar erfolgreich im Bewältigen dieser Herausforderungen, so bedeutet das immer ein gegenseitiges Sich-Fördern und Unterstützen - was dem persönlichen (und dem beruflichen) Wachstum und allgemein der Lebensfreude zugute kommt.